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▲ Adventsfenster in Buchsi ▲

20 jahre adventsfenster bleikematt-länggasse

Das Oberdorf-Quartier zwischen Kirche, Hallenbad und Wysshölzli in Herzogenbuchsee, hat die Adventsfenster nicht erfunden. Als Kathrin Frieder, Ruth Jakob und Trudi Zimmermann 1995 die Idee für 24 Fenster-Gestaltungen in der Adventszeit ins Quartier brachten, hatten sie in Boll/BE ein Vorbild. Es war die Zeit, als an vielen Orten in der Schweiz der Quartiergeist in der Vorweihnachtszeit auf diese Weise erwachte. Oft waren es ab anfangs der neunziger Jahre Quartiervereine oder die Kirchgemeinde, die entsprechende Aktionen organisierten. Das Buchser Quartier um die Bleikematt-Länggasse baute von Anfang an auf die private Initiative.

Nicht so sehr das erste, aber das zweite Fenster am 2. Dezember 1995 gilt heute als fast legendär. Marlies Hohl gestaltete in ihrem Breitformat-Küchenfenster das Sterntaler-Märchen. Und setzte damit einen Gestaltungs-Standard, der erst einmal einige, welche zum Mitmachen bereit waren, ein bisschen leer schlucken liess. Kann man oder frau nun noch ein einfaches Bild mit Transparentfolie basteln, fragten sie sich? Oder muss es überall diese tolle, aber schwer erreichbare Perfektion sein?

Es pendelte sich auf wunderbare Weise ein. Einige Familien liessen sich vom oft beträchtlichen Kreativitäts-Niveau anstecken, sodass jedes Jahr seither kleine Meisterwerke entstanden sind. Aber wer etwa mit seinen Kindern basteln wollte oder in der hektischen Vorweihnachtszeit nur mittleren gestalterischen Aufwand betreiben konnte, war genauso willkommen. Und der Charme einfacher Adventsfenster ist bekanntlich nicht kleiner.

Klar ist: Nach sechzehn mal vierundzwanzig Fenstern bis heute hat sich die unausgesprochene Regel durchgesetzt: Es kommt nie das gleiche Fenster ein zweites Mal. Mithin hat das Quartier in den letzten zwanzig Jahren 384 verschiedene Adventsfenster gesehen. Heuer kommen wieder 24 dazu.

Dass es nicht 480 Fenster sind, hat einen einfachen Grund. Im Jahre 2008 kam die Aktion nicht zustande, zum ersten Mal mangels Freiwilligen. Seither findet der Brauch alle zwei Jahre statt. Die Reihe zwischen 1995 und 2007 ist also vollständig. Darauf folgten Adventsfensteraktionen 2009, 2011, 2013 und jetzt 2015.

Die drei Pionierinnen gaben 2005 die Organisation ab, welche nun Mary Schiesser und Karin Jerin Gischard übernahmen. Das Organisationszentrum wechselte von der Bleiki in die Länggasse. Die Neuen übernahmen alle bewährten Elemente:

Die Fenster werden vollzählig gestaltet. In einigen Jahren waren ein paar Telefone nötig, um anfängliche Lücken zu füllen. Umgekehrt gab es (bis anhin) keine doppelt besetzten Fenster.

Ob man und frau zu einem gemütlichen Höck in der Stube oder zu einem Apéro vor der Tür anlässlich der eigenen Fenstereröffnung einlädt, war und ist freiwillig. Erfahrungsgemäss gibt es zu etwa zwei Drittel der „Vernissagen“ Einladungen. Durch einen Krug oder eine Tasse an der Türe oder ein kleines Einladungsplakat wird Passanten und Passantinnen signalisiert, ob man zu Glühwein, Kaffee Amaretto, Erdnüssen, Kuchen oder Schoggi-Müüsli empfängt.

Gleich vom ersten Dezember an präsentieren die Mitmachenden die am Haus oder an der Strasse beleuchtete Nummer ihres Fensters, sodass man also weiss, wo man sich auf ein neues Fenster freuen kann.

Noch während einiger Jahre fand vor dem Mehrfamilienhaus an der Bleikemattstrasse 27 eine Art Quartier-Landsgemeinde mit Feuer, grossem Kochkessel und Kuchenbuffet statt.

Vier Familien haben alle bisherigen 16 Aktionen mitgemacht, Akermanns, Hohls, Schiessers und Zimmermanns. Für einige war das aber gar nicht möglich, nämlich diejenigen, die nicht zum ersten, engeren Perimeter gehörten. So kam die untere Länggasse um den Bauernhof Aeberhard erst etwas später dazu, noch später dann die Wysshölzlistrasse. Für eine Adventsfensteraktion gibt es eine Art idealen Perimeter: Man sollte zwischen Weihnachten und Neujahr, am liebsten natürlich in einer frisch verschneiten Quartierlandschaft, in einer guten Stunde die Fenster erlaufen können. Damit man die Fenster findet, sind sie übrigens mit einem halben Dutzend Plakaten an Quartiereingängen und Kreuzungen lokalisierbar. Seit 2006 funktioniert auch eine eigene Website der Bleiki-Länggase-Adventsfenster, zuerst gestaltet von Franz Akermann, neu von Yves Frieder. Marina Muther hat jeweils die fotografische Dokumentation übernommen.

Natürlich kursieren an den Glühweinabenden auch diverse Legenden der zwanzig Adventsfensterjahre. Da gibt es die Geschichte vom gefrorenen Gartenboden, der erst einmal mühsam aufgehackt werden musste, um das Gemeinschafts-Event beim Mehrfamilienhaus zu organisieren. Oder die Story um den farbenfrohen Bastler, welcher seine Box im Schreibzimmer aussprayte und erst nach dem Entfernen einiger – eben zu weniger – Abdeck-Zeitungen merkte, dass der halbe Zimmerboden in weihnachtlichem Dunkelblau erstrahlte. Das gab dann einen Handwerker-Folgeauftrag.

Auch Brauchtum im Brauchtum hat sich schon ergeben: Der einzige Erker im Quartier bietet oft zauberhafte Märchenszenen. In einem andern Fenster gibt es fast mit Garantie mindestens einen Motor, der irgendeinen mobilen Samichlaus oder gleitende Pinguine antreibt. Die Bauerhof-Einladungen sind ortsbekannt, und der hergerichtete Kuhstall mit bovinem Parfüm beherbergt jeweils einen relevanten Prozentsatz der Quartier- und sogar Dorfbewohner. Und auch wenn die Ideen für die Gestaltung natürlich geheim gehalten werden, gab’s zwei Mal auffällige, aber wohl doch zufällige Motto-Cluster, einmal mit zahlreichen Bärenfenstern, einmal mit massenhaften Schafs-Motiven.

Den anfangs (ironisch) diskutierten Carparkplatz für Rentnergruppen auf schweizweiten Adventsfenster-Touren musste man dann übrigens auch hier doch noch nicht einrichten.

hks

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